Edith Stein

           Teresia Benedicta vom Kreuz

           1891 - 1942

Edith Stein wurde am 12. Oktober 1891 in Breslau als jüngstes von elf Kindern, in eine jüdische-orthodoxe Familie geboren. Ihr Vater, der Kaufmann Siegfried Stein, starb als Edith etwa ein Jahr alt war. Die früh verwitwete Mutter Auguste Stein, geborene Couran, führte souverän den Holzhandel weiter und ermöglichte allen Kindern eine solide Ausbildung.

Nach neun Schuljahren verließ die hochbegabte Schülerin 1906 vorzeitig das zehnjährige Lyzeum in Breslau und ging zu ihrer Schwester Else Gordon nach Hamburg um in deren Haushalt zu helfen. Zu der religiösen Tradition ihres Elternhauses entwickelte die junge Edith Stein ein kritisches Verhältnis und bezeichnete sich selbst als Atheistin. Trotz der schulischen Unterbrechung, wurde sie in direkt in die 11. Klasse des Gymnasiums aufgenomen und machte 1911 dort ihr Abitur.


An der Universität Breslau schrieb sie sich für die Fächer Psychologie, Philosophie, Geschichte und Germanistik ein. Für einige Semester ging sie an die Universität Göttingen und Freiburg im Breisgau. Nach ihrem Staatsexamen und der Doktorarbeit 1916 mit dem Thema Zum Problem der Einfühlung war sie bis 1918 wissenschaftliche Assistentin ihres Doktorvaters, des Phänomenologen Edmund Husserl in Freiburg. Obwohl Edith Stein mit Auszeichnung promovierte, wurde sie nicht zur Habilitation zugelassen, auch ihr Doktorvater unterstützte sie in diesem Vorhaben nicht, eine Habilitation einer Frau, zudem einer Jüdin, fand generell keine Unterstützung. Sie trennte sich vom Arbeitsverhältnis mit Edmund Husserl und arbeitete als Lehrerin.


Edith Stein ist eine Suchende, eine Suchende nach der Wahrheit auch in der Phänomenologie. Eine Zäsur in ihrem Leben ist der Soldatentod des Privatdozenten Adolf Reinach 1917. In der Begegnung mit dessen Witwe, erfuhr Edith Stein, dass es einen persönlichen Gott geben muss, denn die Ehefrau ist nicht eine zerbrochene Witwe, sondern lebt aus der Kraft der Auferstehung und ist sogar fähig die trauernde Edith Stein zu trösten.


"Die Schranken der rationalistischen Vorurteile, in denen ich aufgewachsen war, ohne es zu wissen, fielen, und die Welt des Glaubens stand plötzlich vor mir. Menschen, mit denen ich täglich umging, zu denen ich mit Bewunderung aufblickte, lebten darin. Sie mußte zumindest eines ernsten Nachdenkens wert sein."


1938 wird sie in einem Brief schreiben: "Es hat mir immer sehr fern gelegen zu denken, dass Gottes Barmherzigkeit sich an die Grenzen der sichtbaren Kirche binde. Gott ist die Wahrheit. Wer die Warheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht."


Ein weiteres einschneidendes Erlebnis ist, im Sommer 1921, die Lektüre der Autobiographie der heiligen Teresa von Ávila. Edith Stein fand darin eine Antwort auf ihre Suche nach Lebenssinn und bat um die Aufnahme in die Kirche. Am 1. Januar 1922 wird sie in Bad Bergzabern durch die Taufe in die römisch-katholische Kirche aufgenommen.

Ihre Konversion bedeutet aber gleichzeitig eine unüberwindbare Kluft zu ihrer geliebten Mutter, die als tiefgläubige Jüdin den Schritt ihres Kindes nicht verstehen und verwinden kann.

Beruflich taten sich neue Türen auf, Edith Stein wird 1923 Lehrerin an den Schulen der Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer.


Geistliche Begleitung erfährt Edith Stein durch den Erzabt Raphael Walzer in Beuron. Die Abtei wird für sie ein wichtiger Ort, an dem ihr Plan in den Karmel einzutreten einerseits wächst, aber vom Erzabt Walzer immer wieder mit Bedenken abgewiesen wird. Für ihn ist Edith Stein dazu berufen, als Frau in der Öffentlichkeit zu wirken. So folgt Edith Stein 1932 dem Ruf an das katholische Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster, an dem sie u.a. Vorträge zur Stellung der Frau und Problemen der Mädchenbildung hält.


In einem Brief schrieb Edith Stein 1928: "Je tiefer jemand in Gott hineingezogen wird, desto mehr muß er auch... aus sich herausgehen, d.h. in die Welt hinein, um das göttliche Leben in sie hineinzutragen."


Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933, kommt es bereits am 1. April 1933 zum Boykott-Aufruf jüdischer Geschäfte und wachsender Progromstimmung.

Mit großer Weitsicht schreibt Edith Stein einen Brief an den damaligen Papst Pius XI. mit der Bitte, gegen die Judenverfolgung anzugehen:


„… Alles, was geschehen ist, und noch täglich geschieht, geht von einer Regierung aus, die sich ‚christlich‘ nennt. Seit Wochen warten und hoffen nicht nur die Juden, sondern Tausende treuer Katholiken in Deutschland – und ich denke, in der ganzen Welt – darauf, daß die Kirche Christi Ihre Stimme erhebe, um diesem Mißbrauch des Namens Christi Einhalt zu tun. (…) Wir alle, die treue Kinder der Kirche sind und die Verhältnisse in Deutschland mit offenen Augen betrachten, fürchten das Schlimmste für das Ansehen der Kirche, wenn das Schweigen noch länger anhält.“

Eine direkte Antwort aus dem Vatikan erhält Edith Stein nicht, aber der Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII, lässt Erzabt Walzer informieren, dass der Brief dem Papst vorgelegt wurde. Eine öffentliche Stellungnahme bleibt aus. Erst 1937, also vier Jahre später, wird die Enzyklika "Mit brennender Sorge" veröffentlicht.


Unter dem zunehmenden Druck des Dritten Reiches auf jüdische Mitarbeiter, gab Edith Stein schließlich Ende April 1933 ihre Stelle in Münster auf. Der Eintritt in den Karmel wurde greifbar und nun auch von Erzabt Walzer unterstützt.


Am 14. Oktober 1933, zur ersten Vesper des Hochfestes der Heiligen Teresa von Ávila tritt Edith Stein, bereits 42 Jahre alt, als Postulantin in den Kölner Karmel ein. Bei der Einkleidung, ein halbes Jahr später, erhält sie den Ordensnamen Teresia Benedicta a Cruce (Teresia Benedicta vom Kreuz).


"Die Schrankenlose liebende Hingabe an Gott und die göttliche Gegengabe, die volle und dauernde Vereinigung,das ist ... die höchte Stufe des Gebetes. Die Seelen, die dies erreicht haben, sind wahrhaft das Herz der Kirche... Mit Christus verborgen in Gott, können sie nicht anders, als die göttliche Liebe, von der sie erfüllt sind, ausstrahlen in andere Herzen..."


Um den Kölner Karmel nicht durch ihre Anwesenheit weiter zu gefährden, siedelte Edith Stein 1938, gemeinsam mit ihrer Schwester Rosa Stein (die 1936 konvertierte), in den Karmel ins niederländische Echt über.


Edith Stein sah es als ihre Bestimmung, in ihrem Herzen die Leiden ihres Volkes anzunehmen, um sie Gott als Sühne anzubieten: „Ich muss immer wieder an die Königin Esther denken, die gerade darum aus ihrem Volk genommen wurde, um für das Volk vor dem König zu stehen. Ich bin eine sehr arme und ohnmächtige kleine Esther, aber der König, der mich erwählt hat, ist unendlich groß und barmherzig“, schreibt sie im Herbst 1938.


Auch in den Niederlanden werden die Juden immer stärker verfolgt. Die Stein-Schwestern wollen in einen Karmel in der Schweiz emigrieren, eine Einreise wird nicht gewährt, als für Edith Stein sich dann doch eine Möglichkeit bietet, will sie ihre Schwester Rosa nicht alleine zurücklassen.

Der Utrechter katholische Erzbischof Johannes de Jong verfasste am 26. Juli 1942 einen Hirtenbrief gegen das Vorgehen der Deutschen Besatzung gegen die Juden in den Niederlanden. Als Reaktion darauf, wurden am 2. August 1942, 244 zum Katholizismus konvertierte Juden von der Gestapo verhaftet, darunter auch Edith Stein und ihre Schwester Rosa. Die Aussage "Komm, wir gehen für unser Volk!" ist eine der letzten von Edith Stein überlieferten. Die Verhafteten wurden in das Durchgangslager Westerbork gebracht. Edith und Rosa Stein wurden am 7. August 1942 mit der Reichsbahn ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort vermutlich am 9. August in den Gaskammern ermordet.

Am 1. Mai 1987 erfolgte durch Papst Johannes Paul II die Seligsprechung Edith Steins und am 11. Oktober 1998 erfolgt in Rom die Heiligsprechung. Ein Jahr darauf wurde Edith Stein, gemeinsam mit der hl. Birgitta von Schweden und der hl. Katharina von Siena, zu Patronin Europas erklärt. Der 9. August ist der Gedenktag der Brückenbauerin zwischen Christen und Juden.